Die erste genaue

BESCHREIBUNG

des BSH in deutscher Sprache

 

 

Sie findet sich im Buch von v. Stephanitz, er beschäftigt sich schon speziell mit dem Malinois. Nachfolgend Auszüge aus dem Buch: Der deutsche Schäferhund in Wort und Bild von Rittmeister v. Stephanitz; 7. Auflage, nach 1921

In Belgien entspricht der Landschlag selbstredend auch dem Unsrigen. Schäferhunde sind dort sehr stark vertreten, im Verhältnis vielleicht noch stärker als in Deutschland; außerdem die oben erwähnten rauhaarigen Treibhunde (Bouviers). Bei Vieh sah ich schon 1915 Hunde in Belgien nicht, woran aber der Krieg Schuld tragen mochte. Überwiegend wird auch Großvieh gehalten, das auf den fetten eingezäunten Koppeln und dort gegen einen vorübergehenden Hund sofort angeht. Diese Erfahrung musste ich wenigstens in Westflandern fast täglich mit dem mich begleitenden Diensthunde meiner Kommandantur machen. In der Wallonei, südlich der Maas, durch die mich des Krieges böser Abschluss führte, waren die Hunde durchweg schon für das Meldehundwesen beschlagnahmt, meine Quartierwirte sprachen meinen Schäferhund aber sofort als solchen an.

In Westflandern fand ich im ersten Kriegsjahr den Schäferhund noch überall als Hofwächter vor, fast jeder Bauernhof hat dort für ihn die bienenkorbartig gemauerte Hundehütte. In den Städten überwog dort der kurzstockhaarige, in der Brüsseler Gegend dagegen anscheinend der schwarze langstockhaarige Schlag; dort trugen die Hunde auch alle den berüchtigten belgischen Schulmaulkorb, eine geschlossene derbe Lederhülle in Gestalt eines großen Knobelbechers mit kleinem Ausschnitt für die Nasenkuppe. Sehr viel wurden die Hunde zum Ziehen verwendet, man konnte sie in der manigfachsten Bespannung und Zusammenstellung sehen. Selbst vor und neben einem Krankenstuhl sah ich Hunde zum Ziehen angespannt. Einspänner sah ich nicht, Zweispänner bilden die Regel, Schäferhunde sind oft mit den rauhaarigen Treibhunden zusammengespannt; im nicht seltenen Dreigespann geht der stärkere Bouvier in der Mitte. Bisweilen sind die Hunde nicht vor, sondern unter dem Wagen angespannt, manchmal auch ein bis zwei Hunde vor, einer unter dem Wagen; ja selbst vorm Wagen in der Gabel ein kleines leichtes Pferd, unterm Wagenkasten ein kräftiger Hund. Die halb- und ganzwüchsigen Kutscher hockten oft auf dem leichten Wägelchen auf, machten sogar Wettfahrten mit den Zügen, die freilich nur in der 30-km-Geschwindigkeit fuhren.

  Der Landschlag in Flandern war meist recht kräftig, von gutem Schäferhundausdruck; in Haar und Farbe selten rein, d.h. nach den Rassezeichen der Liebhaberzüchter, oft auch mit Stummelrute, wohl eine Folge von Bouvier-Einkreuzung. Die schwarzen Langstockhaarigen kommen in den Ausmessungen unseren Hunden mittlerer Größe noch ziemlich nahe, wobei allerdings die Behaarung ein Mehr an Größe und Gestalt vortäuscht. Die Hunde der anderen Haarschläge, namentlich die Kurzstockhaarigen, sind erheblich kleiner und knochenschwächer als unsere Stockhaarigen, wobei ich durchaus nicht die Durchschnittsmaße der heutigen Liebhaberzucht im Auge habe. Dies Größenverhältnis zwischen deutschen und belgischen Schäferhunden beleuchtet recht gut das vorstehende Bild. Zu beanstanden wären an diesen Hunden der belgischen Liebhaberzucht vom Gebrauchsstandpunkt aus namentlich die feinen Laufknochen und der leichte Kopf mit dem zu schwachen Fang; das Gangwerk war, dem leichten Gebäude entsprechend, meist federnd, aber nicht immer fördernd. Die Belgier sind eifrige und geschickte Züchter, lassen aber bei der Liebhaberzucht des Schäferhundes Gebrauchsrücksichten ganz außer Achtung – legen nur auf nebensächliche Äußerlichkeiten wert. Kopfschnitt, Ohren- und Rutenhaltung, Haar und vor allem Farbe gelten ihnen alles; was in Haar und Farbe nicht genau den von einem der vielen Zuchtvereinchen für die Rasse aufgestellten Rassezeichen entspricht, gilt als nicht reinrassig. Die Folgen der notwendigerweise immer schärfer werdenden Inzüchtung werden daher nicht ausbleiben, weil eine Blutauffrischung durch Hunde vom Landschlag bei so eng gefassten Begriffen unmöglich ist. Aus den ursprünglich drei Haarschlägen hat die Liebhaberzucht erst noch reine Farbenschläge und dann in der unstillbaren Sucht nach trennenden Äußerlichkeiten jetzt gar sechs voneinander geschiedene Schläge gemacht.

Aus den Ortsbezeichnungen der verschiedenen anerkannten Schläge geht schon hervor, dass sie alle in einem begrenzten Liebhaberkreis gewachsen sind: Mecheln, Laeken, Tervueren, Groenendael liegen alle in der nächsten Nähe von Brüssel.

Im Übrigen entsprechen die Rassezeichen den unsrigen; die Schulterhöhe wird mit 55cm im Mittel angegeben. Hunde mit Stummelrute und solche, deren Ohren nicht feststehen, werden ebenso wenig anerkannt wie die in den Farben abweichenden oder in der Behaarung unreinen. Langstockhaarige Schäferhunde wurden um die Jahrhundertwende zuerst in Gent in den Polizeidienst gestellt; die Dienstverwendung hat sich aber auf den reinen Sicherheitsdienst beschränkt, hat weder die Ausbreitung noch den hohen Stand erreicht, wie bei uns. Auch die belgischen Liebhaber haben sich nach deutschem Beispiel dem Abrichten ihrer Hunde zugewandt. Sie sind ebenso geschickte Abrichter wie Züchter, legen aber auch hierbei, wie nun einmal ihre Veranlagung ist, auf nebensächliche Äußerlichkeiten, Spielereien und Zirkusmätzchen den Hauptwert. Sie erzielen z.B. hoch anerkennenswerte, für den Gebrauch aber kaum in Betracht kommende Sprungleistungen, befassen sich aber gar nicht oder doch nur in nicht ernst zu nehmender Weise, mit der Nasenarbeit. Bei der großen Beliebtheit des bodenständigen Schlages ist nicht verwunderlich, dass unser Schäferhund vorm Kriege in Belgien verhältnismäßig nur selten zu finden war und keine eigene Vertretung hatte.

(Gedanke: heute Sprungleistung bei Ringprüfungen am Rande zur Tierquälerei; ich sehe Aufkommen als das Problem, aber Schutz vor HD/Ellbogendysplasiekomplex, da Hauptdeckrüden aus Wettkampflinien selektiert werden, diesen Gedanke konnte Stepanitz damals noch nicht erfassen)